Sonntag, 31. Mai 2015

Steuerhinterziehung oder Steuerbetrug - Nur ein Streit um Begriffe?

Vorab: Ich heiße Steuerhinterziehung nicht gut. Ich verteidige Menschen, denen der Vorwurf der Steuerhinterziehung gemacht wird. Und das geht heute leider ganz schnell. Nicht alle meine Mandanten sind unschuldig. Aber auch die Schuldigen haben ein Recht auf menschenwürdige Behandlung und Einhaltung der rechtlichen Vorschriften durch die Ermittlungsbehörden. Das ist nicht immer der Fall, was mich sehr zornig macht!

In einem Fachforum wurde in der vergangenen Woche seitens eines Steuerberaters anstelle des zutreffenden Begriffs "Steuerhinterziehung" der Begriff "Steuerbetrug" verwendet. Ich habe auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hingewiesen, wonach der Tatbestand der Steuerhinterziehung keine Täuschung verlange. Es folgte eine recht emotionale Debatte, in der mir u.a. vorgeworfen wurde, dass Uli Hoeneß nach meiner Sicht der Dingen wohl kein Straftäter ist. Völliger Unsinn! Habe ich weder privat noch öffentlich behauptet.

Von Steuerbetrug sprechen vor allen Dingen diejenigen, die meinen, dass der Steuerhinterzieher dem Staat und seinen Bürgern etwas abschwindelt, was dem Staat und seinen Bürgern gehört. Das ist das Denken, dass Politiker dazu veranlasst, Steuerhinterzieher als Asoziale zu bezeichnen und selbst den kleinsten Steuerhinterzieher zum Schwerverbrecher zu erklären. 

Dieses Denken ist grundlegend falsch. Zunächst gehört das Geld, das ein Mensch verdient - sei es mit Arbeit, Vermietung oder Kapitalanlagen und dergleichen - diesem selbst und niemandem sonst. Er wird nicht vom Staat und den anderen Bürgern nach deren Ermessen belohnt, sondern schafft selber etwas. Von dem was er verdient, muss er etwas abgeben und zwar Steuern. Und wenn er die nicht zahlt, nimmt er sich nichts aus der "Gemeinschaftskasse", sondern enthält dieser etwas vor.

Nur am Rande: Ich kenne aufgrund meiner Tätigkeit viele Steuerhinterzieher. Wenn alle so viel zum Gemeinwohl beitragen würden, wie die Mehrzahl meiner Mandanten, dann wäre diese Welt um einiges besser. Würde der Staat so wirtschaften wie sie, müsste man sich um die Staatsfinanzen keine Sorgen machen. Die Wirklichkeit ist aber eine andere, wie der Berliner Flughafen, der Nürburgring, das WWCB in Bonn und die Elbphilharmonie belegen. Bei solchen Projekten wird das sauer verdiente Geld des Steuerzahlers verpulvert, als ob es kein Morgen gäbe. Und das ist nicht strafbar.

Freitag, 29. Mai 2015

Baustelle Justiz

So lautet ein Teil des Titels eines Posts auf der Internetpräsenz von Juve, den Sie hier finden:


Pauschalurteile sind unzulässig. Aus Erfahrung kann ich sagen, es gibt gute und schlechte Richter. Noch geht das Pendel in Richtung "gut". Wünschenswert wäre aus meiner Sicht, dass alle Spruchkörper sich so gut auf einen Fall vorbereiten, wie das z.B. regelmäßig bei den Finanzgerichten oder den Zivilkammern bei den Landgerichten mit Spezialzuständigkeit der Fall ist. 

Ärgerlich finde ich es, wenn Zivilkammern sich zu steuerlichen Fragen äußern ohne sich zumindest mit grundlegenden Fragen des Steuerrechts zu beschäftigen oder Urteile anderer Gerichte übernehmen ohne diese zumindest auf Plausibilität hin zu überprüfen.

Donnerstag, 28. Mai 2015

Hartnäckigkeit lohnt sich

Nach Strafbefehl über 170 Tagessätze mit einem Gesamtbetrag von 22.000,00 EUR habe ich heute die Einstellung des Verfahrens nach § 153a StPO gegen Zahlung einer Geldauflage in Höhe von 12.000,00 EUR erreicht.

Ich war von Anfang an davon überzeugt, dass die Ermittlungsbehörden hier weit über das Ziel hinausgeschossen sind und zwar auch was die Art ihrer Ermittlungen anlangt. Und ich habe Recht behalten. Das freut mich vor allen Dingen für meinen Mandanten, dem bei Bestehenbleiben des Strafbefehls noch größere Ungemach in anderer Hinsicht gedroht hätte.


Mittwoch, 27. Mai 2015

Steuerabkommen EU - Schweiz zum Datenaustausch ist unterzeichnet

Der Spiegel berichtet

http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/steuerabkommen-datenaustausch-zwischen-schweiz-und-eu-a-1035774.html

Ryanair, Piloten und deutsches Recht

Dinge wiederholen sich. Nun sollen es Ryanair-Piloten sein, die sich nicht an deutsches Steuer- und Sozialversicherungsrecht gehalten haben.

Zwischen Ryanair und den Piloten stand offenbar ein Personalvermittler. Aus Erfahrung weiß ich, dass gerade Personalvermittler, die ausländisches Personal nach Deutschland vermitteln, gerne zu "kreativen" Gestaltungen raten. Den Schaden tragen in der Regel die Vermittelten ...

Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) nennt Namen reloaded

Ich habe mich gestern ins Bockshorn jagen lassen und meinen Post zur Veröffentlichung von Namen zu Amtshilfersuchen korrigiert. Mein erster Gedanke war aber richtig: Die Namen derjenigen, die nun im Schweizer Bundesblatt genannt werden, können auch für die deutsche Finanzverwaltung interessant sein. Die Auskunftsersuchen kommen ja nicht sämtlich aus Deutschland, können aber auch Personen betreffen, an deren steuerlichen Verhältnissen auch deutsche Behörden ein Interesse haben. 



Dienstag, 26. Mai 2015

Amazon will in Deutschland erzielte Gewinne in Deutschland versteuern

Luxleaks ist durch viele andere Themen bis zur Ankündigung von Amazon, in Deutschland erzielte Gewinne auch in Deutschland zu versteuern, etwas aus dem Blick geraten.

Die Worte höre ich wohl. Allein fehlt mir der Glaube. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Amazon ab sofort jegliche Verschiebung von Erträgen von einem Staat in den anderen unterlässt.

Montag, 25. Mai 2015

Die Redaktion des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel" zur Bloßstellung von angeblichen Steuerhinterziehern

Lesen Sie hier:

http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/schweiz-veroeffentlicht-namen-mutmasslicher-steuersuender-a-1035468.html



Schweizer Steuerverwaltung verletzt das deutsche Steuergeheimnis - Was tun?

In meinem vorausgegangenen Beitrag habe ich darauf hingewiesen, dass die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) im Bundesblatt und damit auch im Internet Amtshilfeersuchen (auch) der deutschen Finanzverwaltung publik macht.

Das ist ein klarer Verstoß gegen § 30 AO. Eine Befugnis zur Offenbarung des Ersuchens durch die ESTV gibt es im deutschen Recht nicht.

Aber: Zwar ist die Verletzung des Steuergeheimnisses nach § 355 StGB strafbar. Indes wird die Tat nur auf Antrag des Dienstvorgesetzten oder des Verletzten verfolgt, vgl. § 355 Abs. 4 StGB. Nachdem Schweizer Banken über Jahrzehnte das Bruttosozialprodukt der Schweiz durch Schwarzgeldanlagen auch deutscher Steuerpflichtiger gestärkt und mit dem Schweizer Bankgeheimnis geworben haben, wünsche ich mir, dass einer der Betroffenen Rückgrat beweist und Strafanzeige erstattet.

Schweiz veröffentlicht Namen potentieller Steuersünder im Internet

Man traut seinen Augen nicht. Im Schweizer Bundesblatt werden nun Namen von Personen veröffentlicht, zu denen ein Amtshilfeersuchen in Steuersachen gestellt worden ist. Und diese Amtshilfersuchen kann jedermann lesen. Sie werden nämlich im Internet veröffentlicht. Unter "Mitteilung der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV) - Amtshilfe" wird der Betroffene aufgefordert, Namen und Anschrift eines in der Schweiz ansässigen Bevollmächtigten mitzuteilen, damit man ihm rechtliches Gehör gewähren könne.

Edit: Die veröffentlichten Namen stammen aus Amtshilfeersuchen und sind damit in den Heimatländern bzw. den Ländern, von denen die Ersuchen ausgehen, bekannt. Aber: Durch die Veröffentlichung dürfte es jedenfalls nach Ansicht der Ermittlungsbehörden zur Tatentdeckung, die eine wirksame Selbstanzeige ausschließt, kommen.

Nun wird es für Steuersünder wirklich ernst. Ob das Amtshilfeersuchen auf nach Schweizer Recht in rechtswidriger Art und Weise erlangte Informationen gestützt wird, wird nämlich vor der Veröffentlichung nicht geprüft.

Verkäufer von Kassenmanipultionssoftware haftet als Gehilfe einer Steuerhinterziehung

Software, die zur Manipulation von Kassen eingesetzt werden kann (auch Zappen genannt), gibt es für viele Branchen. Im vom Finanzgericht Rheinland-Pfalz entschiedenen Fall lieferte der Antragsteller Software, die es erlaubte, Kasseneinnahmen prozentual zu kürzen.

Sein Kunde glaubte daran, dass das ganze eine absolut sichere Sache sei und nicht auffallen würde. Leider war das ein Irrglaube, dem auch der Antragsteller erlegen war.

Das Finanzgericht Rheinland-Pfalz hat nun in einem Verfahren auf Aussetzung der Vollziehung des an den Verkäufer gerichteten Haftungsbescheids am 07.01.2015 zu 5 V 2068/14 entschieden, dass dieser nach § 71 AO als Teilnehmer einer Steuerhinterziehung für die auf der Steuerhinterziehung seines Kunden beruhenden  Steuerschulden haftet.


Samstag, 23. Mai 2015

Akteneinsicht im Finanzgerichtsverfahren

Mit seiner Entscheidung vom 14.01.2015 zu V  B 146/14 hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass die Gerichtsakten regelmäßig bei der Geschäftsstelle des Gerichts einzusehen sind. Nur in Ausnahmefällen käme die Einsichtnahme an einem anderen Ort (z.B. den Kanzleiräumen) in Betracht.

Ob an einem anderen Ort Einsicht gewährt wird, ist bei alledem eine Ermessensentscheidung.

Bedenkt man, dass die Akten ohne weiteres an ein anderes Finanzgericht übersandt werden, wenn der Bevollmächtigte darum bittet, ist es schon erstaunlich, dass die Übersendung in die Kanzlei des Bevollmächtigten regelmäßig abgelehnt wird, wenn man bedenkt, dass er unabhängiges Organ der (Steuer-) Rechtspflege ist.

Freitag, 22. Mai 2015

Was muss ein Steuerberater wissen und lesen?

Neben meiner Tätigkeit als Verteidiger in Steuerstrafsachen vertrete ich häufiger Steuerberater, wenn diese von (früheren) Mandanten in Haftung genommen werden.

Schwierig können die Fälle werden, bei denen sich eine Änderung der Rechtsprechung abzeichnet, der Steuerberater davon aber nichts weiß und folglich Bescheide nicht offen hält.

Was aber muss der Steuerberater lesen? Der BGH hält sich auch in seiner jüngsten Entscheidung vom 25.09.2014 zu IX ZR 199/13 mit einer klaren Antwort zurück. Man kann aus seiner Entscheidung lediglich entnehmen, dass ein Steuerberater das Bundessteuerblatt und die DStR lesen sollte.

Nur wenn er hinreichende Anhaltspunkte hat, dass sich auf einem Spezialgebiet "etwas tut", z.B. weil ihn der Mandant darauf hinweist, muss er sich dazu ggfls. Spezialliteratur verschaffen.


Donnerstag, 21. Mai 2015

Die Vollständigkeit der Selbstanzeige oder Berater sei vorsichtig!

In einem aktuellen Fall hat es sich wieder gezeigt: Als Berater kann man nicht genug Fragen stellen. 

In der jüngeren Vergangenheit waren wir immer wieder mit der Nacherklärung von Kapitaleinkünften aus ausländischen Geldanlagen beauftragt. Nun ist es aber erforderlich, insgesamt reinen Tisch zu machen, wenn die Selbstanzeige vor Bestrafung schützen soll. 

Manche Mandanten haben aber nicht nur ausländische Konten, sondern betreiben auch einen schwunghaften Handel mit Oldtimern - das hat gerade Konjunktur - oder vermieten Garagen und Unterstellplätze für Wohnmobile - das kommt auf dem Land häufig vor - ohne die hieraus erzielten Einnahmen zu versteuern. 

Für den Berater bedeutet das, dass er einerseits darauf hinweisen muss, dass eine Selbstanzeige vollständig sein muss. Andererseits muss er aber auch nach den o.g. "Dauerbrennern" - die Liste ist allerdings nicht vollständig - fragen.

Und Mandanten sollten die gestellten Fragen vollständig und wahrheitsgemäß beantworten, was leider nicht immer der Fall ist. 

Mittwoch, 20. Mai 2015

BFH-Urteil zu Werbungskosten bei Kapitaleinkünften bis zum 31.12.2008

In einem meiner vorausgegangenen Beiträge habe ich auf einen von mir verfassten Beitrag im ErbschaftSteuerberater hingewiesen, in dem ich ausführe, dass die Entscheidung des BFH vom 02.12.2014 zu VIII R 34/13 gegen Art. 3 GG verstößt.

Die von mir eingelegte Verfassungsbeschwerde trägt das Aktenzeichen 2 BvR 878/15.

Zahl der Selbstanzeigen geht wohl zurück

Aus einer aktuellen Presseerklärung des Hessischen Finanzministers geht hervor, dass die Zahl der Selbstanzeigen im April 2015 auf den niedrigsten Stand seit Dezember 2012 gefallen ist.

Das dürfte seinen Grund darin finden, dass insbesondere Schweizer Banken großen Druck auf ihre Kunden dahingehend ausgeübt haben, dass diese ihre steuerlichen Verhältnisse ordnen. Allerdings ist die Zahl der sog. Abschleicher - das sind diejenigen, die ihre Geldanlage von der Schweiz in ein anderes Land verlagert haben - wohl recht hoch. Ich denke aber, dass auch sie eher kurzfristig "reinen Tisch" machen sollten, weil es spätestens 2017/2018 keine sicheren Häfen für Schwarzgeld mehr geben wird. 

Dienstag, 19. Mai 2015

Der Steuerberater als Verteidiger im Steuerstrafverfahren

Immer wieder übernehme ich Fälle von externen Steuerberatern, die zunächst versucht haben, ihren Mandanten selbst zu verteidigen.

Leider muss ich in solchen Fällen immer wieder feststellen, dass der Steuerberater es zwar gut gemeint, aber nicht gut gemacht hat, weil er z.B. ohne vorher Akteneinsicht zu nehmen sozusagen "aus dem Bauch" heraus eine Einlassung für seinen Mandanten abgibt. 

Steuerberatern ist das Strafprozessrecht mit allen seinen Eigenheiten fremd. Sie sollten daher nur gemeinsam mit einem Strafverteidiger verteidigen. Allerdings sollten sie von der Verteidigung eigener (langjähriger) Mandanten Abstand nehmen, weil bei langjährigen Mandatsbeziehungen manches dafür spricht, dass die nötige Distanz zwischen Steuerberater und Mandant nicht gegeben ist.

Darüber hinaus muss ein Steuerberater, der aus einem laufenden Beratungsverhältnis hinaus die Verteidigung übernimmt, damit rechnen, dass man ihm den Vorwurf der Beteiligung an der (angeblichen) Steuerhinterziehung macht. Dann ist er nach § 138a Abs. 1 Nr. 1 StPO von der Verteidigung auszuschließen.  

Montag, 18. Mai 2015

§ 153 AO - Unbekanntes Terrain?

Vor einigen Tagen erreicht mich der Anruf eines (externen) Steuerberaters. Er berichtet mir von dem Besuch einer Dame vor etwa zwei Monaten. 

Die Dame erzählt ihm, dass sie von ihrem Bruder unterrichtet worden sei, dass zu einer gemeinsamen Erbschaft auch ein Konto in der Schweiz gehört. Davon wusste sie bis dato nichts. Der Steuerberater vertröstet die Dame mit den Worten, er fahre am nächsten Tag für zwei Wochen in Urlaub. Sie solle schon einmal Unterlagen zu den Erträgen der letzten Jahre beschaffen.

Nun steht der Steuerberater ratlos vor den Unterlagen, die so gar nicht dem entsprechen, was wir als Erträgnisaufstellung kennen. Auch deshalb wäre er gut beraten gewesen, noch vor Urlaubsantritt seiner neuen Mandantin zu raten, eine Anzeige nach § 153 AO bei der Finanzverwaltung abzugeben. 

Das Verfahren nach § 153 AO ist zweistufig. Zunächst ist unverzüglich anzuzeigen, dass abgegebene Erklärungen unrichtig oder unvollständig sind. Später - im zweiten Schritt - erfolgen dann die erforderlichen Richtigstellungen. 

Es bleibt jetzt nur noch der Weg der Selbstanzeige. Und der ist steiniger, als die Berichtigung nach § 153 AO.


Sonntag, 17. Mai 2015

Die zwei Seiten des Steuerstrafverfahrens - Teil 2

In meinem vorausgegangenen Post habe ich erläutert, dass der Verteidiger in Steuerstrafsachen das Besteuerungsverfahren nicht aus den Augen verlieren darf.

Aus der Trennung von Steuerstrafverfahren und Besteuerungsverfahren ergibt sich bei alledem nicht nur, dass beide Verfahren nach der jeweiligen Verfahrensordnung getrennt geführt werden, wenngleich die Sachverhaltsermittlung "einheitlich" durch die Steuerfahndung erfolgen kann, § 208 AO. Diese Trennung bedeutet auch, dass eine Entscheidung in dem einen Verfahren keine rechtliche Bindungswirkung in dem anderen Verfahren entfaltet. 

Das ist zum Einen bedeutsam für finanzgerichtliche Entscheidungen, die im Strafprozess nicht übernommen werden dürfen. Die Strafrichter müssen sich eine eigene Überzeugung bilden. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass das Beweismaß im finanzgerichtlichen Verfahren - z. B. bei Schätzungen - niedriger ist, als im Strafverfahren.

Umgekehrt lässt aber auch ein rechtskräftiges Strafurteil die Amtsermittlungspflicht des Finanzgerichts nicht entfallen. Das Finanzgericht kann sich aber die tatsächlichen Feststellungen, Beweiswürdigungen und rechtlichen Beurteilungen aus dem Strafverfahren zu eigen machen, wenn diese nach der freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung zutreffend  sind und keine substantiierten Einwendungen gegen die Feststellungen des Strafgerichts erhoben werden, wie der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 23.04.2014 zu VII R 41/12 bestätigt hat. 


Samstag, 16. Mai 2015

Die zwei Seiten des Steuerstrafverfahrens

Wer als Verteidiger in einem Steuerstrafverfahren nur das Strafverfahren im Blick hat und das Besteuerungsverfahren nicht im Auge behält, der tut seinem Mandanten nicht nur keinen Gefallen, sondern riskiert vielfach dessen wirtschaftliche Existenz. 

Steuerstrafverfahren und Besteuerungsverfahren laufen nämlich selbstständig nebeneinander her und richten sich nach den jeweiligen Vorschriften, wie sich aus § 393 Abs. 1 Satz 1 AO ergibt, mit einer Besonderheit: Mit Blick auf das Selbstbelastungsverbot können im Besteuerungsverfahren Auskünfte des Steuerpflichtigen nicht mit Zwangsmitteln erzwungen werden, wenn der Steuerpflichtige sich durch durch die Auskünfte wegen einer Steuerstraftat oder -ordnungswidrigkeit selbst belasten würde, vgl. § 393 Abs. 1 Satz 2 AO.

Nicht verboten ist in diesen Fällen aber die Schätzung nach § 162 AO. Und die kann (und darf, Stichwort: Auslandsachverhalte) oft so ausfallen, dass der Betroffene ruiniert ist. 

Daher wägt ein versierter Verteidiger stets ab,  ob und welche Angaben gemacht werden. 

Freitag, 15. Mai 2015

Steuergeheimnis, Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und Ermittlungsmaßnahmen der Steuerfahndung

Das ist der Titel meines Beitrags im AO-Steuerberater 5/2015, dem ein leider wahrer Fall zugrunde liegt.

Leider kommt es häufiger vor, dass Steuerfahnder übereifrig ermitteln und dabei Recht und Gesetz brechen. Dem müssen Verteidiger mit Nachdruck entgegentreten.

Donnerstag, 14. Mai 2015

Die Selbstanzeige, 2. Auflage

Die erste Auflage dieses Buchs ist 2010 erschienen. Für die nun am 30.06.2015 bei SpringerGabler erscheinende zweite Auflage konnte ich meinen Kollegen Dr. Markus Rübenstahl als Co-Autor gewinnen.

Weitere Informationen finden Sie unter:

http://www.springer.com/de/book/9783658035501#otherversion=9783658035518

Mittwoch, 13. Mai 2015

Nach dem 01.01.2009 anfallende Werbungskosten bei Kapitaleinkünften bis zum 31.12.2008

Leider hat der BFH mit Urteil vom 02.12.2014 das Urteil des Finanzgerichts Köln vom 17.04.2013 aufgehoben und entschieden, dass ab dem 01.01.2009 angefallene Werbungskosten, die sich auf Einkünfte aus Kapitalvermögen, die bis zum 31.12.2008 erzielt worden sind, beziehen, dem Abzugsverbot des § 20 Abs. 9 EStG unterfallen.

Ich sehe darin einen Verstoß gegen Art. 3 GG. Dazu habe ich im aktuellen Heft des ErbschaftSteuerberater (Otto-Schmidt-Verlag) einen Beitrag veröffentlicht.

Dienstag, 12. Mai 2015

Falsche Angaben vor dem Finanzgericht sind (versuchte) Steuerhinterziehung

Ein aktueller Fall erinnert mich wieder an die Entscheidung des OLG München vom 24.07.2012 zu 4St RR 99/12.


Hiernach kann Adressat unrichtiger Angaben über steuerlich erhebliche Tatsachen auch das Finanzgericht sein. Man kann sich also mit falschen Angaben im finanzgerichtlichen Verfahren dem Vorwurf der (versuchten) Steuerhinterziehung aussetzen.



Schade, dass das nicht allen Steuerberatern bekannt ist. 

Sonntag, 10. Mai 2015

Die Form der Selbstanzeige - Eine Streit um des Kaisers Bart

Immer wieder werden in der Finanzverwaltung Stimmen laut, wonach bei einer Selbstanzeige Anlagen KAP, AUS und SO abzugeben sind. Das ist nicht richtig. Die Selbstanzeige ist und bleibt formlos möglich.

Allerdings lohnt eine Diskussion mit der Finanzverwaltung nicht. Im Sinne des Mandanten reichen wir die genannten Anlagen mit ein, wobei wir aber meistens nur das aufnehmen, was nacherklärt wird. Das liegt (auch) daran, dass wir die ursprünglichen Anlagen nicht kennen, weil wir den Mandanten bislang nicht beraten haben und er die Unterlagen nicht vorliegen hat. Außerdem wollen wir nicht schon erklärtes und nacherklärtes vermischen. Zusätzlich schaffen wir Klarheit durch Excel-Tabellen, aus den genau hervorgeht, was wir wie ermittelt haben.

Nun haben wir den "Spezialfall", dass wir auch Nacherklärungen zu erbschaftssteuerlich relevanten Sachverhalten abzugeben hatten. Wir wollten es der Finanzverwaltung einfach machen und haben die entsprechenden Formulare ausgefüllt und diese einem Anschreiben mit weiteren Anlagen beigefügt. Die Formulare wurden von den Mandanten nicht unterschrieben. Nach mehreren Rückfragen zum Fehlen der Unterschriften haben wir nun Schätzungsbescheide erhalten. Die Schätzungen werden damit begründet, dass wir trotz Aufforderung keine Erklärungen abgegeben haben.

Im Rahmen der Schätzung müssen unseren dezidierten Angaben berücksichtigt werden. Abweichungen sind zu begründen. Sollten sich Abweichungen ergeben, für die es mit Ausnahme der Schikane keinen Grund gibt, werden wir über einen Amtshaftungsanspruch nachdenken müssen.

Samstag, 9. Mai 2015

Wenn die Wirklichkeit nicht den Wünschen und Vorstellungen des Betriebsprüfers entspricht

Ein Fall aus Sachsen-Anhalt: Im Rahmen einer Betriebsprüfung geht es um die Qualifizierung von Zahlungen an den früheren Lebensgefährten der Geschäftsführerin, deren Mutter und Großmutter die Geschäftsanteile an der GmbH halten.

Die Betriebsprüfer wollen diese Zahlungen als verdeckte Gewinnausschüttungen qualifizieren mit der unschönen Folge, dass sie von Mutter und Großmutter zu versteuern wären. Leider hat es der Steuerberater der Betroffenen verabsäumt, rechtzeitig vernünftige Vereinbarungen zwischen den Beteiligten zu veranlassen. Was er veranlasst hat, ist Unsinn.

Ich lege auf vielen Seiten dar, dass der frühere Lebensgefährte tatsächlich an der GmbH atypisch still beteiligt ist. Ich schildere, was er tagtäglich im Unternehmen macht und weise vor allen Dingen darauf hin, dass er auch ein Grundstück der GmbH zur Nutzung überlässt, es also in die atypisch stille Gesellschaft eingelegt hat. 

In einem Entwurf des Betriebsprüfungsberichts picken sich die Prüfer nur die Rosinen heraus. Darauf angesprochen sagen sie wörtlich, dass man sich mit meinen Ausführungen zur atypisch stillen Gesellschaft nicht auseinandersetzen wolle. Daraufhin wende ich mich an den Vorsteher und teile ihm mit, dass ich die Befangenheit der Prüfer besorge, was ich auch noch mit anderen Äußerungen der Prüfer begründe. So fanden die Prüfer es "als bezeichnend", dass ich mich in einer Besprechung für die Geschäftsführerin äußere und nicht diese selbst. Der Vorsteher teilt meine Sorge nicht. Dagegen gibt es leider keinen Rechtsbehelf, vgl. § 83 AO. 

Nun liegen Bescheide vor. Ich hoffe, dass die Finanzverwaltung die Aussetzung der Vollziehung ablehnt, damit ich einen entsprechenden Antrag beim Finanzgericht stellen kann. Die Aussetzung der Vollziehung durch das Finanzgericht hat vielfach Auswirkung auf den Fortgang des Einspruchsverfahrens.




Freitag, 8. Mai 2015

Finanzgericht Köln: Ein auf einer bewussten und willkürlichen Schätzung zum Nachteil des Steuerpflichtigen beruhender Steuerbescheid ist nichtig!

Die Entscheidung des Finanzgerichts Köln (FG) vom 22.05.2014 zu 11 K 3056/11 ist schon fast ein Jahr alt, verdient aber unbedingt Beachtung, hat das Gericht doch entschieden, dass eine bewusst willkürliche Schätzung zu Lasten des Steuerpflichtigen zur Nichtigkeit des auf ihr beruhenden Steuerbescheids führt. 

Eine bewusst willkürliche Schätzung liegt  nach Ansicht des FG vor, wenn das Schätzungsergebnis trotz vorhandener Möglichkeiten, den Sachverhalt aufzuklären und die Schätzungsgrundlagen zu ermitteln, krass von den tatsächlichen Gegebenheiten abweicht und in keiner Weise erkennbar ist, dass überhaupt und ggfls. welche Schätzungserwägungen angestellt wurden.

Leider sind Schätzungen dieser Art und Güte kein Einzelfall. So hat in einem meiner aktuellen Fälle eine Steuerfahnderin versucht, Bargeld in einem Bankschließfach in Deutschland gleichzeitig als Bestandteil eines Kontoguthabens im Ausland anzusetzen. Es ist beim Versuch geblieben ...

Subtiler ist da schon die Behauptung, die bei einer Geldanlage angesetzte Rendite von 6 % sei evident. Anhand von öffentlich zugänglichen Quellen konnte ich ohne weiteres nachweisen, dass das - mit Verlaub - Unsinn ist. Das FG sah das auch so. 


Donnerstag, 7. Mai 2015

Wer zu spät kommt, der bekommt Besuch von der Steuerfahndung - Der automatische Informationsaustausch mit der Schweiz steht vor der Tür

Am 19.03.2015 wurde zwischen der EU und der Schweiz ein Abkommen zur Umsetzung des automatischen Informationsaustauschs (AIA) paraphiert. Das bedeutet, dass in der Schweiz ab 2017 nach OECD-Standard Daten gesammelt und ab 2018 weitergegeben werden. 

Mit der Umsetzung des AIA ist das gute alte Schweizer Bankgeheimnis Geschichte. 

Für diejenigen, die die Weißgeldstrategie der Schweizer Banken nicht zur Bereinigung ihrer steuerlichen Verfehlungen veranlasst hat, wird es Zeit, das nachzuholen. 

Mittwoch, 6. Mai 2015

Soll Steuerverschwendung strafbar sein?

Immer wieder wird gefordert, dass nicht nur die Steuerhinterziehung, sondern auch die Verschwendung von Steuergeldern strafbar sein soll.

Auch ich ärgere mich ständig über den Umgang der öffentlichen Hand mit Steuergeldern. Beispiele für Verschwendung gibt es genug. Das Podest an einer Autobahn, von dessen Plattform aus man die Spitzen des Kölner Doms sehen kann, sind für mich "der Klassiker".

Aber wer soll Adressat des Tatbestands sein und was genau soll von ihm erfasst sein? Wollen wir in Kauf nehmen, dass Politiker in Ansehung des Tatbestands keine Entscheidungen mehr treffen (wollen)? Und wo genau verläuft die Grenze zwischen zulässiger Mittelverwendung und Verschwendung? Was links für richtig hält, hält rechts für Unsinn - und umgekehrt.

Ich habe für mich noch keine Antworten gefunden.