Sonntag, 27. Dezember 2015

Jeder zweite Deutsche versteht seinen Steuerbescheid nicht

Das ist eine Überschrift bei Spiegel online.

Und ich verstehe jeden, der seinen Steuerbescheid nicht versteht. Wenn, wie aus dem Bericht hervorgeht, Rechtssicherheit vor Verständlichkeit geht, dann sollten die Verantwortlichen in Politik und Finanzverwaltung vielleicht einmal darüber nachdenken, das Steuerrecht so zu fassen, dass niemand grammatikalische Kapriolen schlagen muss, um einen rechtssicheren Steuerbescheid zu formulieren. 

So ein ganz kleines bisschen Bürgernähe wäre doch mal was.

Aber wir leiten ja stattdessen lieber Steuerstrafverfahren am laufenden Band ein.


Halbstrafe für Uli Hoeneß und was (manche) Strafverteidiger dazu sagen

Der Gerechtigkeitssinn mancher Strafverteidiger überrascht mich. In einem Forum, in dem sich Mitglieder meines Berufsstands über Fachthemen austauschen, musste ich lesen, dass ein Kollege der Meinung ist, dass Uli Hoeneß eine Entlassung zum Halbstrafenzeitpunkt nicht zustünde, weil seine Mandanten auch erst nach Verbüßung von 2/3 der Strafe entlassen würden und - überhaupt - sei das ja - besonders in Bayern - die Riesenausnahme, die Halbstrafe.

Es stellen sich für mich folgende Fragen:

1. Sind die Fälle des Kollegen mit dem von Uli Hoeneß vergleichbar?

2. Hat der Kollege sich ausreichend ins Zeug gelegt?

3. Soll die zuständige Kammer in Augsburg den Fall Hoeneß nach Recht und Gesetz entscheiden oder der vox populi folgen?




Freitag, 25. Dezember 2015

Zahl der reuigen Steuersünder halbiert sich

So titelt "Die Welt" an Heiligabend. Andere Zeitungen warten mit vergleichbaren Überschriften auf. Den Fachmann überrascht das nicht. Er weiss um die Weißgeldstrategie nicht nur der Schweizer Banken, die ihre Kunden vor die Wahl gestellt hat: Entweder Nachdeklaration und Nachweis derselben gegenüber der Bank binnen einer Frist, die regelmäßig zum 31.12.2014 endete, oder Auflösung der Geschäftsbeziehung.

Politiker, insbesondere aber die deutschen Finanzminister, aber glauben, dass die Zahl der Selbstanzeigen mit Blick auf die Verschärfung des Rechts der Selbstanzeige zum 01.01.2015 zurückgegangen ist und daher viele eine solche noch bis zum 31.12.2014 abgegeben hätten. 

Politiker behaupten auch, der Ankauf gestohlener Daten durch deutsche Behörden sei unzweifelhaft rechtmäßig. Behaupten kann man viel - besonders dann, wenn man Urteile nicht bis zum Ende liest. 

Freitag, 18. Dezember 2015

PMPG* proudly presents: Unsere neue Internetseite

Was lange währt, wird endlich gut:

www.pmpg.de

Auch wenn Eigenlob stinkt. Einfach sehenswert. Ich danke meinen Partnern Werner Hötzel und Marcus Vanselow für unseren sehr gelungenen Internetauftritt.

Montag, 14. Dezember 2015

Neues zu Cum - Ex - Geschäften

In den Medien wird heute wieder über Cum - Ex - Geschäfte berichtet. Angeblich sollen hundert Banken und Fonds im Fokus stehen, die aufgrund einer von NRW gekauften Daten - CD ins Visier der Steuerfahnder gerückt sein sollen.

Für das kommende Jahr werden Durchsuchungen angedroht, wenn nicht zuvor Selbstanzeige erstattet wird. Da schluckt der Fachmann. Bereits die Veröffentlichung von Ermittlungen in den Medien soll nämlich nach durchsuch verbreiteter Auffassung zur Tatentdeckung, von der der Betroffene hätte wissen müssen, führen und die strafbefreiende Wirkung der Selbstanzeige ausschließen.


Sonntag, 13. Dezember 2015

Kann man die Selbstanzeige ersatzlos abschaffen?

Kleine Nachlese zum Seminar an diesem Wochenende: 

Im Rahmen des Referats zur Selbstanzeige habe ich darauf hingewiesen, dass aus der Politik immer wieder der Ruf nach der vollständigen Abschaffung der Selbstanzeige kommt. Das dürfte aber kaum möglich sein, wenn man folgendes bedenkt: Steuerhinterziehung ist sehr häufig ein Dauersachverhalt. Will ein Hinterzieher, der z. B. Schwarzeinkünfte mit einem ausländischen Depot erzielt, in die Steuerehrlichkeit zurückkehren und gibt für ein Jahr nun auch die mit dem ausländischen Depot erzielten Einkünfte an, wird es zu Nachfragen seitens der Finanzverwaltung für die davoneilenden Jahre kommen. Letztlich kommt er also in die Gefahr, sich selbst belasten zu müssen. Und das kann von Verfassung wegen nicht von ihm verlangt werden. 

Schafft man die Selbstanzeige also ab, müsste der Gesetzgeber sie mehr oder weniger gleich wieder einführen, wenn er sich  verfassungskonform verhalten will.

Betrachtet man bei alledem das, was durch die beiden letzten Reformen des Selbstanzeigenrechts herausgekommen ist, stellt sich die Frage, ob nicht schon die aktuelle Fassung von § 371 AO verfassungskonform ist. 

Donnerstag, 10. Dezember 2015

Jahresendspurt - Seminar zum Steuerstrafrecht in Frankfurt

In zwei Wochen ist schon Weihnachten. Aber morgen und übermorgen trage ich noch einmal mit meinem Kollegen Dr. Hilmar Erb zum Steuerstrafrecht vor. Ich freue mich auf spannende Diskussionen mit den Teilnehmern.

Sonntag, 6. Dezember 2015

Ein paar Gedanken zur Abgeltungssteuer

Die Regelung des § 20 Abs. 9 EStG ist verfassungswidrig, weil sie Anleger in ihren Grundrechten aus Artikeln 2, 3 und 14 GG verletzt.



Es ist zwar richtig, dass der Gesetzgeber im Steuerrecht berechtigt ist, generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen zu treffen, ohne wegen der damit im Einzelfall verbundenen Härten gegen das Prinzip der Belastungsgleichheit zu verstoßen. Dem ist zunächst entgegenzuhalten, dass die mit dem Werbungskostenabzugsverbot verbundenen Härten nicht nur einzelne Fälle betreffen, sondern vielmehr die Mehrheit der Kapitalanleger, jedenfalls aber eine große Zahl von Kapitalanlegern.




Bei alledem ist kein sachlicher Grund erkennbar, Anleger, die in eine Kapitalgesellschaft investieren, gegenüber solchen, die in eine Personengesellschaft investieren, schlechter zu stellen. Genau das aber geschieht mit § 20 Abs. 9 EStG und begründet einen Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG und zugleich einen solchen gegen Art. 2 Abs. 1 GG. Das Werbungskostenabzugsverbot stellt nämlich einen unangemessenen, nicht durch verfassungsrechtlich anerkannte Gründe gerechtfertigten Eingriff in die Freiheit, nach eigenem Gutdünken über die Anlage des eigenen Vermögens zu entscheiden, dar. Diese Freiheit ist Ausfluss der allgemeinen Handlungsfreiheit.




Die Einschränkung dieser Freiheit mit dem Argument, dass sonst die Abgeltung durch Kapitalertragsteuerabzug nicht administrierbar sei, ist nicht möglich. Es ist zunächst nicht Aufgabe des Steuerbürgers, dem in seine Vermögensrechte eingreifenden Staat diesen Eingriff möglichst einfach zu machen. Es ist vielmehr Aufgabe des Staates - im Sinne eines freiheitlichen und demokratischen Rechtsstaats - den Bürger so wenig wie möglich zu belasten und damit einhergehend auch Steuergesetze und Finanzverwaltung so bürgerfreundlich wie möglich zu gestalten. Es wäre ohne weiteres möglich, trotz Kapitalertragsteuerabzug im Rahmen der Veranlagung der Einkommensteuer Werbungskosten zu berücksichtigen. Auch die Günstigerprüfung nach § 32d Abs. 6 EStG erfordert z. B.  einen gewissen Verwaltungsaufwand.




In diesem Zusammenhang darf nicht übersehen werden, dass die Abgeltungssteuer nicht etwa als Wohltat für den Steuerbürger eingeführt worden ist, sondern vielmehr in der Hoffnung, dass nach ihrer Einführung "schwarzes" Auslandsvermögen in das Steuerinland verlagert wird und dann als Steuersubstrat zur Verfügung steht. Nachdem nun der automatische Informationsaustausch in Steuersachen  mit allen relevanten Staaten beschlossene Sache ist, wird daher ja auch die Abschaffung der Abgeltungssteuer ernsthaft diskutiert. Sie ist mehr oder weniger beschlossene Sache.




Jedenfalls in Fällen der Fremdfinanzierung einer Kapitalanlage hat das Werbungskostenabzugsverbot des § 20 Abs. 9 EStG eine erdrosselnde Wirkung, die der Gesetzgeber nicht berücksichtigt hat, obwohl er sie hat berücksichtigen können und müssen. Der Steuerbürger wird in diesen Fällen nämlich über seine Leistungsfähigkeit hinaus besteuert, weil seine im Rahmen der Anlage anfallenden Erwerbsaufwendungen nicht berücksichtigt werden.




Aus den dargestellten Gründen stellt das Werbungskostenabzugsverbot des § 20 Abs. 9 EStG auch einen Verstoß gegen die in Art. 14 Art. 1 GG verbürgte Eigentumsfreiheit dar. Die Eigentumsfreiheit ist Grundlage der Wirtschaftsordnung der Bundesrepublik Deutschland. In sie darf nur unter engen Voraussetzungen eingegriffen werden. Die Vereinfachung von Verwaltungsverfahren erfüllt diese Voraussetzungen nicht. Die Eigentumsfreiheit geht der Bequemlichkeit des Gesetzgebers und der Finanzverwaltung vor.