Donnerstag, 13. August 2020

Verdeckte Schenkung und Güterstandsschaukel - Problem gelöst?

In einem konkreten Fall bin ich auf das Urteil des Hessischen Finanzgericht vom 07.05.2018 zu 10 K 477/17 angesprochen worden, das folgendes entschieden hat:

1. Eine Verkürzung von Schenkungsteuer im Sinne von § 370 Abs. 4 AO liegt vor, wenn der Empfänger einer Schenkung und der Zuwendende ihren Anzeigepflichten nach § 30 Abs. 1 und 2 ErbStG nicht nachkommen, die Finanzbehörden somit pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis gelassen wurden (§ 370 Abs. 1 Nr. 2 AO) und die Schenkungsteuer für diese Zuwendung infolge der Nichtanzeige gegenüber der Finanzbehörden nicht rechtzeitig festgesetzt wurde (Rn.27).
2. Der rückwirkende Wegfall des Steueranspruchs "ex tunc" (hier: Erlöschen des Schenkungsteueranspruchs nach § 29 ErbStG) führt nicht zum Entfallen des Straftatbestandes der Steuerhinterziehung (Rn.37) (Rn.38).
3. Die Akzessorietät des Zinsanspruchs schließt es nicht aus, Zinsen für einen Steueranspruch festzusetzen, der zum Zeitpunkt der Zinsfestsetzung nicht mehr besteht (Rn.40).

(Orientierungssätze bei Juris)


Denkt man die Entscheidung weiter ergibt sich folgendes:

Seit der Reform der Selbstanzeige zum 01.01.2015 tritt bei einer Selbstanzeige Straffreiheit nur ein, wenn auch die Hinterziehungszinsen und – soweit anfallend – die Zuschläge nach § 398a AO gezahlt werden. Letztere fielen schon seit der Vorgänger-Reform 2011 an. Zum 01.01.2015 wurden diese merklich erhöht.

Der Ansatz des Hessischen Finanzgerichts ist richtig. Bei der verdeckten Schenkung ist erst einmal Schenkungsteuer angefallen, die dann später rückwirkend entfallen ist. Damit ist aber keineswegs gesagt, dass damit auch die Strafbarkeit rückwirkend entfallen ist. Nach allgemeinen strafrechtlichen Grundsätzen ist das nicht der Fall. Die Rückwirkung des § 29 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG ist nur eine Art Schadenwiedergutmachung. Wenn der Dieb die Beute zurückbringt, bleibt er trotzdem ein Dieb. Die Straftat ist begangen.

Im Steuerstrafrecht kann man der Bestrafung wegen Steuerhinterziehung nur durch eine Selbstanzeige entgehen, wenn und soweit die Steuerstraftat noch verfolgbar ist. Der Strafaufhebungsgrund „Selbstanzeige“ greift aber nur, wenn alle (!) Voraussetzungen des § 371 AO erfüllt sind. Es muss also vor Eintritt eines Sperrgrunds nacherklärt werden und es müssen rechtzeitig die anfallenden Steuern, die Zinsen und ggfls. auch die Zuschläge nach § 398a AO gezahlt werden. Im Fall des § 398a AO liegt zwar kein Strafaufhebungsgrund, sondern nur ein Verfolgungshindernis vor. Für den Betroffenen macht das aber keinen Unterschied.

Fazit: Soweit noch nicht Verfolgungsverjährung eingetreten ist, droht hier immer noch die strafrechtliche Verfolgung wegen Steuerhinterziehung. Eine Selbstanzeige ist daher angezeigt. 

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